Warum es bei Einzelhandelstechnologie nicht nur um die Nutzererfahrung geht

23 August 2021

Einzelhändler, die auf den Zug der digitalen Transformation aufspringen möchten, hatten lange mit großen Hürden zu kämpfen. Einige Probleme betreffen technische Aspekte, wie der Unwille, alte Anwendungen und Programme einzustellen, aber die großen Herausforderungen gehen weiter in die Tiefe. Unternehmenskultur, Change-Management und Politik spielen weine wesentliche Rolle. Eine wichtige Rolle spielen zudem der demografische Wandel, die Fluktuation von Arbeitskräften und die globale Unsicherheit auf dem Lebensmittelmarkt.

Bei der Diskussion über Automation im Einzelhandel geht es oft um die Nutzer- oder Kundenerfahrung – und aus gutem Grund. Automatisierte Lösungen im Bankwesen, in der Reise- und Unterhaltungsbranche haben das Leben für Millionen von Menschen weltweit einfacher gemacht. Bei meinen Treffen und Gesprächen mit führenden Einzelhändlern habe ich aber gelernt, dass es um weit mehr geht als nur eine nahtlose Checkout-Technologie einzuführen. Was ich während dieser Gespräche erfahren haben, hat mir die Augen geöffnet und mich ermutigt.

Warum es bei der Automation von Lebensmittelgeschäften nicht nur um die Nutzererfahrung geht

Viele Branchen haben einen digitalen Wandel durchlebt. Bank- und Finanzwesen, Gesundheitswesen und Knowledge-Management: All diese Branchen haben Automation implementiert, um Reibungen für die Kunden zu vermeiden und die Prozesse effizienter zu gestalten. Schon seit Jahren können wir Geld am Automaten abheben, Rechnungen zahlen, Filme ausleihen und Flüge buchen und das alles, ohne je mit einem Menschen interagieren zu müssen. Automation ist also nichts Neues. Aber sie entwickelt sich ständig weiter.

Bei der Automation im Einzelhandel hat die Transformation langsamer stattgefunden als in anderen Sektoren. Natürlich war die Pandemie ein wichtiger Treiber bei der Einführung von neuen Geschäftsmodellen im Einzelhandel. Hinter der aktuellen Nachfrage nach Automation, vor allem in Lebensmittelgeschäften, stehen aber noch andere Gründe.

Nahrungswüsten

Geografische Regionen, in denen der Zugriff auf leistbare, gesunde Lebensmittel wie frisches Obst und Gemüse begrenzt oder nicht existent ist. Die sogenannten „Nahrungswüsten“ sind ein zunehmendes Problem, vor allem für Menschen in ländlichen und entlegenen Gegenden. Menschen, die in Nahrungswüsten leben, haben Schwierigkeiten, Lebensmittel zu finden, die ihren Diäteinschränkungen entsprechen oder kulturell relevant sind.

In Deutschland beispielsweise wird das Bauen von Lebensmittelgeschäften in ländlichen Gegenden als ineffizient und kostspielig angesehen. Die Menschen müssen entweder weite Strecken zurücklegen, wenn sie alles Notwendige in einem einzigen Geschäft kaufen möchten, ansonsten müssen Sie in mehreren Nachbarschaftsläden oder an Produktständen suchen, um die verschiedenen Artikel zu erhalten. Nahtlose und Self-Checkout-Optionen sind eine attraktive Lösung für ländliche Gebiete, weil sich die Einzelhändler nicht um die Anzahl der benötigten Mitarbeiter sorgen müssen. Sie können in diesen entlegenen Gegenden einen Supermarkt eröffnen und dabei nicht nur das Problem der „Nahrungswüsten“ lösen, sondern die Menschen auch zu einem gesünderen Essverhalten bewegen.

Demogarfischer Wandel und Veränderungen in der Bevölkerung

Japan ist ein offensichtliches Beispiel dafür, was passiert, wenn eine alternde Bevölkerungsinkende Geburtsraten und Arbeitskräftemangel aufeinandertreffen und damit Veränderungen wie die Automation erforderlich machen. Im Gegensatz zu China, wo es ausreichend Arbeitskräfte gibt, sind die Unternehmen in Japan oft gezwungen ihre Öffnungszeiten zu reduzieren, wodurch den Bewohnern der Komfort verwehrt wird, den sie erwarten. Die allgegenwärtigen Bedarfsartikelläden oder Conbinis sind ein wesentlicher Bestandteil des beschäftigten Lebensstils und viel mehr als Orte, an denen Menschen ihre Notwendigkeiten besorgen.

In japanischen Conbinis gibt es ausreichend frisches Obst und ein umfassendes Getränkeangebot, sowie Bankdienste und andere Services wie kostenloses WiFi. Nahtlose und automatisierte Checkout-Angebote sind ideal, um den Menschen diese Dienste trotz Arbeitskräftemangel rund um die Uhr anbieten zu können.

Kulturelle und religiöse Aspekte

Essen ist ein tief verwurzeltes kulturelles Anliegen. Viele Menschen und Religionen nehmen bestimmte Lebensmittel in ihre Ernährung, Rituale und Feierlichkeiten auf. Das jüdische Speisegesetz Kashrut beispielsweise verbietet viele Lebensmittel oder erfordert die Produktion spezieller Lebensmittel. Im Islam finden wir Halal (erlaubte Lebensmittel) und Haram (verbotene Lebensmittel), und die hinduistische Tradition gibt vor, dass die Ernährung die Balance des Körpers erhalten muss.

Polen ist ein gutes Beispiel dafür, wie Automation im Einzelhandel dabei helfen kann, diese kulturellen, rechtlichen und religiösen Aspekte der verschiedenen Kulturen zu berücksichtigen und trotzdem profitabel zu arbeiten. Im Jahr 2018 wurde in Polen ein Handelsverbot für Geschäfte am Sonntag eingeführt. Dadurch entgehen den Einzelhändlern wesentliche Anteile am Umsatz. Als das Verbot 2019 umgesetzt wurde, waren 37 Sonntage betroffen, bis 2021 werden es 45 sein. Während E-Commerce vom Sonntagsverbot profitieren kann , beobachten Einkaufszentren einen großen Rückgang der Besucherzahlen. Im Grunde ist der Eigentümer die einzige Person, die an einem Sonntag im Geschäft arbeiten darf – und ein nahtloser Checkout macht dies möglich.

Supermärkte und andere Einzelhändler integrieren Self-Checkout und andere, automatisierte und kassenlose Lösungen, damit die Kunden bedient werden können ohne dabei gegen das Gesetz zu verstoßen. Einkaufen wird durch mobile Apps und Daten-Verifizierungssysteme vereinfacht, die Geschäfte vor Diebstahl und Beschädigung schützen, während die Menschen gleichzeitig auch an einem Sonntag einkaufen können.

Schnellere Umsetzung von automatisierten Checkout-Lösungen

Fachleute sind sich einig: Es wird nicht lange dauern, bis der automatisierte Checkout überall zum Alltag gehört. Während die Nutzer- und Kauferfahrung immer noch Priorität in den Köpfen vieler Einzelhändler haben, zeigen uns praktische Beispiele, dass auch andere menschliche Faktoren berücksichtigt werden müssen. Tatsache ist, dass die Kunden dank Store-Automation das Geschäft betreten, ihre Einkäufe erledigen und das Geschäft ohne Warteschlange an der Kasse verlassen können. Diese Automation bringt aber noch weitere Vorteile: Es wird einfacher, kulturellen, religiösen und Ernährungsanforderungen zu entsprechen.

Die Digitalisierung von Einzelhandelsgeschäften, vor allem im Lebensmittelbereich, ist ein komplizierter Vorgang. Es gibt tausende von immer neuen Produkten, Änderungen der Umweltbedingungen und endlose Fälle von menschlichen Interaktionen. All diese Faktoren müssen gleichzeitig und nahtlos miteinander in Echtzeit umgesetzt werden, damit das autonome Geschäftsmodell funktioniert. Hier einige Best Practices, die Sie bei der Investmententscheidung in die Einzelhandelsautomation befolgen können:

1. Nimm Rücksicht auf die Kundendemografie. Gehen Sie über Aspekte wie Alter, Geschlecht, Rasse und Einkommen hinaus und achten Sie auch auf Merkmale wie Mehrgenerationen-, kinderlose oder Single-Haushalte. Auch Ethik und kulturelle Vorlieben spielen eine Rolle.

2. Standort, Standort, Standort. Möchten Sie in belebten Städten oder weniger bevölkerungsreichen ländlichen Gegenden Fuß fassen? Obwohl dicht besiedelte Orte oft mehr Laufkundschaft und eine höhere Kundenanzahl haben, kann es hilfreich sein, gerade in Gegenden mit wenigen Geschäften den Wandel zur Automation zu vollziehen.

3. Finde heraus, was dich motiviert. Geografie, Demographie und sogar gesetzliche Richtlinien können als Motivation für die Umsetzung neuer Technologien dienen. Digitalisierung und eine herausragende Kundenerfahrung sind wichtig, aber bei der Automationsentscheidung sollten immer die Menschen im Mittelpunkt stehen.

Es gibt keine Zweifel daran, dass Technologie erfolgreich in den Einzelhandel integriert werden kann und wird. Die Grundlage für alles was folgt, ist die positive Kundenerfahrung von Beginn an zu gewährleisten.

 

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